Die Augen der Welt

Jens Köster

 

Was ist Wahrnehmung? Und was ist die Wirklichkeit? Tausende Tweets, Bilder und Videos pro Minute rauschen durch die digitalen Welten. Sehen ist und bleibt das wichtigste Sinnesorgan des Menschen. Jeden Tag erscheinen Zeitungen mit Bildern und Berichten über Krisengebiete aus aller Welt. Wir wollen Bilder von den Ereignissen des Tages sehen und fiebern der täglichen Nachrichtensendung entgegen. Die „Tagesschau“ hat in Deutschland immer noch die höchsten Einschaltquoten. Und wenn etwas sehr Schlimmes irgendwo auf der Welt passiert, werden in Sekunden über die Nachrichtenagenturen und die sozialen Netzwerke Bilder verteilt. 

 

Aber wer macht diese Bilder? Das sind Kriegsfotografen, die auf den Auslöser an ihrer Kamera drücken und uns das präsentieren, was eigentlich nicht ansehbar ist. Oder, doch? Sollten wir nicht genau dort hinschauen können? Redakteure verfassen eine „Story“ oder Berichte dazu und wir werden informiert. Aus den schlimmsten Krisengebieten dieser Welt. Wie arbeiten diese Menschen und wie halten sie das Elend und Leid unter extremsten Bedingungen aus?

 

„Glück ist die Lücke im Schicksal, durch die einer durchrutschen konnte.“

 

Daldossi ist so einer, der die ganze Welt, besser gesagt, alle Krisengebiete dieser Welt bereisen musste und dort Fotos gemacht hat. Sein einziger Halt, ist seine Lebensgefährtin Marlis, die er immer anrufen kann, der er nach seiner Rückkehr aus den Kriegen dieser Welt stundenlang alles erzählen kann. Zu Reportern und Kollegen, die in den gleichen Gebieten auf der Welt unterwegs waren, hat er ein eher distanziertes Verhältnis. Zum Alkohol und schnellen Sex Abenteuern ein sehr nahes. Betäubend wirkt dies auf ihn und verdrängend. Doldossi hatte Glück, er wurde nicht, wie viele seiner Kollegen, bei seiner Arbeit getötet oder schwer verletzt. Aber was will er verdrängen und wie will Daldossi am Ende seiner Laufbahn als Kriegsfotograf leben? Denn dann verlässt ihn seine Marlis und er ist ganz auf sich allein gestellt, mit den vielen Bildern und Erinnerungen im Kopf. Auch das ihr Hinterherfahren und sie suchen wird zum Drama und führt zu noch mehr Verzweiflung bei ihm. Die Begegnung mit der Wegbegleiterin eines seiner Reporterkollegen führt ihn am Ende dieses sehr intensiven Romans wieder zu einer aktuellen Stelle des menschlichen Leids, nach Lampedusa in Italien. 

 

Sabine Gruber hat dieses sehr gute Buch über einen Kriegsfotografen geschrieben, über das Auffinden von Wahrheit in den täglichen Nachrichten und Bildern, über Liebe und Schmerz. Sie schreibt in einer sehr direkten Sprache über einen Menschen, der alle kriegerischen Abgründe erlebt und gesehen hat. Sie provoziert die richtigen Fragen zum Umgang mit den Situationen, in denen ein Fotograf mit einem Bild für eine hohe Auflage sorgen soll, oder den verletzten Menschen, die vor ihm liegen, helfen müsste. Wir werden täglich geprägt von diesen Bildern. Sabine Gruber öffnet uns die Augen, gerade in der heutigen Zeit.

 

 

Sabine Gruber

Daldossi oder Das Leben des Augenblicks

Beck, 2. Aufl. (2016)

315 S. - € 21,95

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